Als besonderes Highlight bieten wir hier der Tagungsband zur Tagung Di(gi)alog an:
http://www.boekwe.at/wp-content/uploads/BOEKWE_Kern01_20web.pdf
Editorial
Digitalisierung entzieht sich, wie viele andere Begriffe auch, einer exakten Definition. Sie hat nicht nur mit der Handhabung und Beherrschung der digitalen Technik zu tun; nicht nur – aber eben auch! Eine Reihe von Kolleg*innen stellte auf der Tagung in Graz konkrete Beispiele zu Einsatz oder Anwendung im Unterricht vor, sei es im Textilen oder Technischen Werken, sei es, um neue visuelle Praktiken zu erproben, oder sei es bei Verfahren im Zusammenhang des künstlerisch-bildenden Gestaltens. In den Beiträgen zu diesem Tagungsband finden Sie eine Fülle von Anregungen für Ihren Unterricht.
Digitalisierung bedeutet im Weiteren eine Änderung der Wahrnehmung, der ästhetischen Gewohnheiten, der gesellschaftlichen und sozialen Strukturen, der Kommunikation. Auch künstlerische Produktionsprozesse sind davon betroffen. Digitalisierung wirkt in viele Lebensbereiche und Men- schen reagieren auf Veränderungen unterschiedlich. Unterschiedlich sind auch die vorliegenden Bei- träge. Manche sind sehr persönliche Statements, oft aus langjähriger Unterrichtserfahrung entstanden, einige geprägt von einer gewissen Skepsis, auch Ablehnung. Andere sind im Sinne von Wissenschaftlichkeit verfasst. Sie versuchen, einen Überblick zum Stand der Forschung zu geben oder neue Entwicklungen und Trends vorzustellen. Bisweilen entsteht eine geradezu weltanschauliche Debatte um die nun ja wirklich nicht mehr neuen Techniken und die durch sie entstehenden Vorteile oder Gefahren: Ab welcher Schulstufe sollen digitale Techniken im Unterricht wie verwendet werden? Bedrohen und verdrängen sie die für das Begreifen so wichtigen haptischen/taktilen Techniken und das Handwerk? Wie nützen wir im BE-Unterricht die durch die Digitalisierung so einfach gewordene Möglichkeit, Bilder zu produzieren? Wie verändert die scheinbar grenzenlose Verfügbarkeit und Allgegenwart von Bildern die Aufgaben und Zielsetzungen des BE-Unterrichtes? Wie muss eine digitale Grundbildung aussehen und was leisten unsere Fächer dafür? Leben wir nicht eigentlich schon im postdigitalen Zeitalter?
Der Diskurs zum Thema ist vielfältig und der Tagungsband bildet diese Vielfalt ab. Zeit zum Lesen und Nachdenken wünscht Ihnen
Maria Schuchter
digital + analog = di(gi)alog > die Zukunft gelingend
denken und gestalten
Die Digitalisierung stellt kein Zukunftsszenarium mehr dar, längst befinden wir uns mitten im lebensweltlichen Wandel, erleben drastische Veränderungen in enormer Geschwindigkeit. Richtungsweisend und hilfreich scheint es, sich für die Themen von morgen zu öffnen und sich diesen zuzuwenden. Doch welche Entwicklungen zeichnen sich für die Zukunft ab? Darüber wurde Mitte Oktober beim Grazer BÖKWE-Kongress unter dem Motto di[gi]alog debattiert. Fächerbezogen wurden unterschiedliche Blickwinkel rund um die Digitalisierung erörtert. Welche Perspektive auf diese und den diesbezüglich wirkenden Veränderungsdruck eingenommen werden, scheint Ansichtssache zu sein. In Future Labs der Creative Industries, in der IT- und Hightech-Industrie hat sich die digitale Transformation längst durchgesetzt und zeitigt keinerlei Akzeptanzprobleme. Die dort Agierenden befinden sich direkt am Puls der Zeit und versuchen, mit neuen, innovativen Produkten und Dienstleistungen (ihr) Leben zu gestalten. Anders stellt sich die Situation für Non Digital Natives dar. Eine große Zahl älterer Kolleg/innen befindet sich erst am Anfang des digitalen Wandels, verwaltet lediglich den Status quo und hat die Chancen unseres von digitalen Innovationen durchdrungenen Zeitalters noch nicht voll erfasst bzw. geht damit wenig weitreichend um.
Eine durchgehend digital verfasste Zukunft lässt sich jedoch nicht stoppen! In den kommenden zehn Jahren wird ein wesentlich rascherer und tiefgreifender Wandel erwartet, als wir ihn in über 200 Jahren feststellen konnten. In einer Zeit innovativer wie ausgrenzender Möglichkeiten stellt sich die Frage, welche Strategie diesbezüglich hilfreich sein könnte. Offensichtlich ist, dass man sich unter den stetig verändernden Rahmenbedingungen von überkommenen Gewohnheiten befreien muss, um digitale Neuerungen nutzen zu können – ohne die Vergangenheit zu vergessen oder gar zu negieren. Die traditionell vorwiegend handwerklich geprägten Schulfächer wie Bildnerische Erziehung und Werken haben das Potenzial, innovative Ideen gestalterisch umzusetzen. Doch in der Digitalisierung steckt ebenfalls ein enormes Leistungsvermögen. Gleichzeitig besteht Besorgnis wie auch Ungewissheit darüber, was eine vollständig von Digitalisierung geprägte Lebensführung für die menschliche Existenz und das Miteinander bedeuten könnte. Jener Teil der Bevölkerung, der sich gegenwärtig nur marginal mit dieser Thematik beschäftigt, hat bezüglich der Digitalisierung gemischte Eindrücke und Erwartungen. Gerade deshalb ist es wichtig, sich mit diesen Technologien verstärkt vertraut zu machen, denn Erkenntnis verdrängt Angst. Darüber hinaus liegt es auch in der Verantwortung der Lehrenden, den Heranwachsenden Ängste zu nehmen und sie gleichzeitig auf Gefahren hinzuweisen. Es sollte das Interesse nicht fehlen, sich ein Grundverständnis für die Einsatzmöglichkeiten von digitaler Technologie in der eigenen Lehre anzueignen: Sich den Digitalisierungsmöglichkeiten zu öffnen, sich inspirieren zu lassen in der Auseinandersetzung mit neuen Denk- und Arbeitsweisen, scheint prioritär wie hilfreich.
Mit dieser Tagungs-Fragestellung drang der BÖKWE digital und analog in ein neues Terrain vor. Die Grazer Tagung stellte sich der Thematik, um den eigenen digitalen Wandel zu initiieren, voranzutreiben bzw. zu gestalten. Die Tagung bot einen Rundumblick auf innovative gestalterische Digitalisierung und handwerklich Analoges im Unterrichtsgeschehen. Damit wurde ein sehr großes Themen- und Wissensspektrum geboten. Die Tagungsteilnehmenden konnten im Tagungsangebot genau dort einsteigen, wo der persönliche Wissens- und Informationsbedarf lag. Bei rund fünfzig Themen gab es ganz sicher für jeden sehr viel Neues zu sehen und zu hören. Zu den Workshopleiter/innen und Referent/innen des Programmes gesellten sich noch weitere Fachkolleg/innen der Kunst- und Werk-Community als Überraschungsgäste. Erfreulich ist auch, dass wir neue Mitglieder aus allen Bildungssektoren gewinnen konnten. Eine Standesvertretung wie der BÖKWE lebt von der Innovation und Entschlossenheit seiner aktiven Mitglieder.
Euch allen möchte ich meine große Dankbarkeit für jedwedes Mitwirken zum Ausdruck bringen!
Mit herzlichen, kollegialen Grüßen, Rolf Laven